Spieletest

Risen 2 – Dark Waters – Gamecheck

Der „Namenlose“ ist zurück und hat in Risen 2 – Dark Waters vom Fantasy-Helden zum Piraten-Kapitän umgeschult. Ansonsten tut er aber genau das, was er schon immer gemacht hat – er haut irgendwelchen Schergen derbe auf die Nase. Ihr erkundet wunderschöne Landschaften, in deren Ecken und Winkeln sich häufig wertvolle Schätze verbergen, führt durchweg vertonte Dialoge und segelt an Bord eures Schiffes von Hafen zu Hafen. Der eigene Kahn ist neu, aber was wäre auch ein Kapitän ohne Schiff?

Risen 2 – Dark Waters beginnt trostlos, wild gewordene Titanen verwüsten die Welt und der einst strahlende Held hat sich im Alkohol verloren. Zu allem Überfluss tauchen nun auch noch Seeungeheuer auf, die Schiffe in die Tiefe reissen. Doch dann krabbelt Patty aus dem Wrack, die Flamme des Helden aus dem ersten Risen und Tochter des Piraten Stahlbarts. Kaum gerettet, offenbart die Gute einen Plan, wie man den Seemonstern Einhalt gebieten kann. So brechen wir auf unsere erste Seereise auf, um eine Waffe gegen diese neue Bedrohung zu finden. Dabei werden wir in Risen 2 – Dark Waters vorerst linear durch die Welt geführt. Als erstes geht es auf das Plantageneiland Takarigua, wo wir uns der Crew von Pattys Piratenpapa Stahlbart anschliessen. Danach reisen wir weiter an die Schwertküste, wo die wichtige Fraktionswahl ansteht. Hier kann man sich entweder der Inquisition anschliessen, welche den Umgang mit Musketen lehrt oder man arbeitet mit den Eingeborenen zusammen, bei denen wir die Kunst des Voodoo erlernen. Dies eröffnet immer wieder alternative Lösungswege. Einen gefangenen Piraten beispielsweise kann man befreien, indem mit einer Kanone kurzerhand ein Loch in die Knastmauer geschossen wird oder indem wir eine Voodoopuppe basteln um den Hafenkommandanten fern zu steuern und die Zellentüre einfach aufzuschliessen.

Nach der Hälfte der Spielzeit, was in etwa 15 Stunden entspricht, bekommt der Protagonist dann sein bereits angesprochenes eigenes Schiff und die Spielwelt öffnet sich zu einer OpenWorld Karte. Ab dann kann mit Hilfe der Steuerfrau Patty von Insel zu Insel gesprungen werden. Seine gute Handlung erzählt Risen 2 – Dark Waters mit deutlich mehr Zwischensequenzen als der Vorgänger und auch der eine oder andere Bosskampf darf nicht fehlen.

Ein ehemaliger Säufer im Geheimauftrag und ein unbeschriebenes Blatt in der Welt der Piraten. Dies ist ein deutlich glaubwürdiger Einstieg als der x-te Gedächtnisverlust. So schwächeln wir zum Anfang über die Insel und bestreiten die zuerst wenig spektakulären Kämpfe. Später wächst das Repertoire an Schlägen ein wenig, ausserdem können Tricks gelernt werden, welche das Kampfgeschehen auflockern und dynamischer machen. Zum Beispiel greifen wir zur Pistole oder werfen Salz um den Gegner zu blenden. Kämpfe gegen menschliche Widersacher spielen sich dadurch recht taktisch. Gegen Viecher bleibt es indes hektisch, weil deren Schläge nur schwer abgelockt oder ausgewichen werden kann. Dadurch kassieren wir mehr Treffer. Immerhin lässt sich das Viehzeug später leichter ablenken, zum Beispiel durch das Voodoo-Zepter der Angst. mit dem Zepter der Macht lassen wir zwei Gegner aufeinander los gehen – auch wenn dieses Vorgehen nicht lange hält bevor die Kontrahenten uns ins Visier nehmen. Einige Gegner erfordern indes eine besondere Taktik. So befördern wir beispielsweise Riesenkrabben mit einem beherzten Tritt auf den Rücken um sie stressfrei zu eliminieren. Noch stressfreier wird es, wenn ein Crewmitglied des Schiffs mitgenommen wird. Hier stehen mehrere Personen mit unterschiedlichen Fähigkeiten zur Verfügung wobei nur einer zeitgleich mitkommen darf. Weitere Mitglieder scharen wir im Handlungsverlauf um uns.

Die Quests beschränken sich derweil grösstenteils auf Standardmuster. Meist müssen wir etwas umpusten oder aufsammeln. Das altgediente Schema stört aber kaum, weil die Aufträge dabei schöne Geschichten erzählen. Um lange Laufwege abzukürzen steht eine Schnellreisefunktion zur Verfügung. Dies geht aber erst wenn die Karte der jeweiligen Insel gefunden wurde. Gesammelte Erfahrungs- bzw Ruhmespunkte investieren wir direkt in die uns zur Verfügung stehenden fünf Attribute: Klingen, Feuerwaffen, Härte, Gerissenheit und Voodoo. Die Ruhmespunkte ersetzen damit mehr oder weniger die altbekannten Lernpunkte aus Risen 1. Die Charakterwerte und Ausrüstungsboni bestimmen dann die Stärke unserer Talente. So beeinflusst beispielsweise die Gerissenheit die Fähigkeiten „schmutzige Tricks“ und „Diebeskunst“. Noch weiter steigern kann man die Fähigkeitswerte mit den so genannten legendären Gegenständen, welche überall in der Welt auf deren Entdeckung warten. Bei Lehrern wiederum lernen wir gegen bare Münze weitere aktive Fertigkeiten, etwa Angriffsmanöver oder die Fähigkeit Gesprächspartner zu überreden oder einzuschüchtern. Wer nicht weiter um den heissen Brei herumreden möchte, kann auch auf andere Möglichkeiten zurückgreifen – brachiale Gewalt.

Darüber hinaus gibt es auch wieder den Beruf des Waffenschmieds. Damit können wir nebst Klingen auch Schusswaffen selbst herstellen. Die Auswahl an Bauplänen ist aber recht überschaubar. So beziehen wir unsere Ausrüstung in erster Linie von den zahlreichen Händlern, die in jeder grösseren Ansiedlung auf unser Gold warten. Moneten gibt es natürlich nicht nur von besiegten Gegnern, sondern auch auch durch Schätze oder Einbrüche in Häuser. Hier steht uns oft nur noch ein teils nerviges Minispiel zum Schlösser knacken im Wege. Ebenfalls möglich, die Plünderung von mit Fallen gespickten und mit Getier verseuchten Tempeln oder der gute alte Taschendiebstahl. Wenn wir einmal nicht selbst an das Objekt der Begierde herankommen, kann durch gelernte Talente ein Äffchen ausgeschickt werden. Risen 2 – Dark Waters bietet abseits der Haupthandlung also eine ganze Menge an Möglichkeiten. Wen stört es da also noch, dass der Entwickler das recht sinnlose drehen an Fleischspiessen oder das hinsetzen auf Bänke gestrichen hat. Dafür finden neue Miniaktionen ins Spiel, wie zum Beispiel das „Wettsaufen“ oder ein eher deplazierter Schiesstand in Moorhuhn-Manier.

In Sachen Technik merkt man Risen 2 schnell an, wer das Spiel entwickelt hat – im Guten und im Schlechten. Wie in der Gothik Reihe und beim erste Risen, holpern erneut vor allem die Charakteranimationen und Modelle. Die Kampfanimationen gehen dank Motion-Capturing in Ordnung, sind manchmal aber ebenfalls etwas abgehackt. Diese Schwächen vergisst man aber recht schnell, wenn man sich die Sonnenseiten von Risen 2 – Dark Waters ansieht. So wartet das Spiel mit einer wundervollen Beleuchtung und stimmungsvollen Wetter- sowie Lichteffekten auf. Das überaus gelungene, detailverliebte Weltdesign lädt immer wieder dazu ein, einfach stehen zu bleiben und das Szenario zu geniessen oder an idyllischen Südseestränden spazieren zu gehen. Hierbei fällt allerdings negativ auf, das viele Objekte erst sehr spät im Sichtfeld aufploppen. Ausserdem sind wir in Risen 2 – Dark Waters regelmäßig lange im Dschungel unterwegs und es ist eine Leistung, dass bei so vielen Ausflügen ins Grüne, der Urwald zu keiner Zeit langweilig oder generisch aussieht. Kein Stein gleicht dem anderen, keine Lichtung wirkt als hätte man sie schon einmal gesehen. Rauschende Wasserfälle komplettieren das Gesamtbild. Etwas befremdlich wirkt nur, dass die Vegetation sehr stark skaliert. Teilweise kann man dadurch Pflanzen beim wachsen zusehen wenn man auf sie zuläuft. Alles in allem macht Risen 2 – Dark Waters optisch dennoch einiges her, ein Meilenstein der Grafik darf man aber nicht erwarten.

Risen 2 – Dark Waters ist ein gelungenes Rollenspiel. Das unverbrauchte wie klischeehafte Szenario setzen die Entwickler gut um. Zusammen mit dem urigen und detailverliebten Weltdesign entsteht eine wunderbare Atmosphäre. Obendrauf gibt es eine vergleichsweise straff erzählte, ordentliche Story, welche uns trotzdem noch genug Freiraum lässt, die Welt auf eigene Faust zu erkunden. Das Nahkampfsystem hätte noch Feinschliff vertragen können, hier kannten wir aus dem Vorgänger nicht ganz so viel stupide Klickerei. In den rund 30 Spielstunden kann von einem durchaus gelungenen Erlebnis gesprochen werden. Risen 2 – Dark Waters reiht sich in die Riege der Top-Rollenspiele ein und sollte in keinem Regal von Genreliebhabern fehlen.[gamecheck]79 85 87 90 91 0[/gamecheck] WERTUNG: Grafik: 79%, Sound: 85%, Steuerung: 87%, Balance: 90%, Spielspass: 91%, Mehrspieler: na%, Gesamtwertung: 86%.